‚In seiner körperlichen Ausdruckskraft‘ – Einzelausstellung vom 8. März bis 5. Mai 2019
Auszug aus der Eröffnungsrede von Axel Schöber:
„…Ich möchte im folgenden auf sieben Punkte eingehen, die in ihrer Gesamtheit das Werk von Eberhard Bitter beschreiben bzw. besser verstehbar machen.
1. Der Körper – die Spuren
Jedes Individuum ist ein fantastisches Bauwerk der Natur. Dies ist umso besser erkennbar je mehr auf Ablenkungen wie Kleidung, Sachgegenstände und Statussymbole verzichtet wird. Zitat: „Der Körper ist eine Landschaft, verletzbar, offen, gezeichnet von Spuren.“
2. Die Kommunikation
Hier ist vor allem die nonverbale Kommunikation gemeint. Was bringt uns Menschen einander näher, und was entfernt uns voneinander? Was sind einstudierte, von der Gesellschaft abgesegnete Körper- und auch speziell Händeposen? Wann offenbart das Individuum intime Gefühle von z.B. Scham, Wut und Lust und wie manifestieren sich diese im Körperlichen? Wie wird umgegangen mit Nähe und Distanz – wie drückt sich Harmonie und Disharmonie aus?
3. Die Bewegung – der Tanz
Der menschliche Körper ist seit Jahrtausenden auf Bewegung ausgelegt. Instinkthafte und einstudierte Bewegungsmuster schwanken zwischen notwendiger und spielerischer Energieentfaltung. Letztere findet für Eberhard Bitter im Tanz – speziell im Kontakt-Improvisation-Tanz – ihre interessanteste Ausdrucksform.
4. Das Innehalten – die Zeit
Sehr viele Menschen der westlichen Zivilisation hasten von einer Verpflichtung zur nächsten Veranstaltung und fühlen sich als Getriebene. Die Werke von Eberhard Bitter stellen sich diesem Druck entgegen – manchmal meint man, dass der Film des Lebens auf ‚Stop‘ gestellt werden konnte.
Der menschliche Körper ist zudem einem Reife- und Alterungsprozess unterworfen. Je länger diese Prozesse dauern, desto mehr muss man sich final mit dem Tod und dem Verfall beschäftigen.
Im Innehalten und bei der Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit haben wir die Chance auf Reflexion unserer Verhaltensweisen und Begegnung mit unserer Innenwelt.
5. Die Umgebung – der Raum
Die dargestellten Personen sind bei Eberhard Bitter in der Regel (keine Regel ohne Ausnahmen: siehe das aus dem Jahre 2011 stammende Gemälde ‚Ich bringe sie nur in ein anderes Format‘) aus ihrer Umgebung herausgelöst. Stattdessen wird vom Künstler ein malerisch gestalteter Hintergrund eingezogen, der sich ohne Tiefenwirkung und Perspektive nahtlos an/in die dargestellten Körper integriert.
6. Die Komposition
Eberhard Bitters Werke sind – entgegen vielfacher Annahme – keine spontanen, expressiv ausgeführten Werke. In akribischer Vorarbeit sucht der Künstler Motive aus Zeitungen, aus Skizzen heraus bzw. lädt Tänzer/innen in sein Atelier ein und macht Fotoaufnahmen von den teilweise ganz frei improvisierten Tanzsequenzen. Unter der Prämisse einer Art 1:1 Körperdarstellung (bestimmt die Größe der Leinwand) erfolgt mit diesen Materialien die Komposition des jeweiligen Werkes – oftmals zuerst auf maßstabsgemäßem, kleineren Papier. Erst danach führt der Künstler die Vorzeichnung auf der Leinwand aus und beginnt mit der malerischen Umsetzung.
7. Der Malprozess
Die präzise Vorplanung von Inhalt, Gestik, Ausdruck und Komposition erlaubt dem Künstler, sich nun auf einen rein malerischen Akt einlassen zu können, der das Inhaltliche verinnerlicht hat und somit nicht aus den Augen verliert. Eberhard Bitter beschreibt diesen Moment, ganz im Bild zu sein, als großes Glücksgefühl.
Man könnte auch sagen, der Künstler befindet sich ‚in seiner körperlichen Ausdruckskraft‘.“
Hinweis: Die WERKSTATT hat zum 44-jährigem Jubiläum wird wiederum einen Kalender mit Drucken herausgeben. Ein Monatsblatt zeigt ein Gemälde von Eberhard Bitter (Druckvorlage: Kopf · 2018 · Öl auf Leinwand · 60 x 50 cm).